Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Sonchen. Cap. CCLXII.

 

Abbildung Genßdistel
Genßdistel ( CCCLXXXIII )
Abbildung: Seite 670

Deutsch: Gänsedistel, dornige
English: Milk-Thistle, spiny
English: Sow-thistle, prickly
Francais: laitron épineux
Latein: Sonchus asper
 

Abbildung Hasenköl
Hasenköl ( CCCLXXXIIII )
Abbildung: Seite 671

Deutsch: Gänsedistel, gemeine
English: Milk-Thistle
English: Sow-thistle
English: Sow-thistle, common
Francais: laiteron commun
Francais: laitue de lièvre
Latein: Sonchus oleraceus

Namen.

S
Onchen haben wir dise geschlecht der kreüter müssen nennen / die weil sie sonst im Teütschen underscheydliche namen haben / von der Griechischen spraach her / dann in derselben werden sie Sonchi geheyssen / wie auch in der Lateinischen / in welcher sie auch Cicerbitae / Lactucellae / unn Lacterones genent werden. Ursach aber diser namen aller / haben wir nach der leng in unserm Lateinischen kreüterbuch angezeygt / do mags ein yeglicher / so sie wissen will / suchen.

Geschlecht.

   Der Sonchen seind zwey geschlecht / wie sölchs die alten klärlich anzeygen. Einer ist gantz wild / stechend unnd schwartz / den nennt man auff gut Teütsch Moß oder Genßdistel. Der ander ist vil zärter / unnd nit so schwartz / den heyßt Apuleius Lactucam leporinam / das ist / Hasen Lattich. Zu Teütsch aber würt diß geschlecht Hasenköl / und Hasenstrauch genent / darumb das sich die hasen pflegen darunder zu külen.

Gestalt.

   Genßdistel hat einen stengel der ist elen hoch / ecket / inwendig hol / braunlecht / voller milch / und ist bekleydet mit langen Lattich blettern / anzusehen wie ein zung / zu ringßumbher zerschnitten / und mit spitzigen stacheln geziert. Dise bletter seind an einer seiten grün / an der andern graw oder weißlecht. Am gipffel der stengel bringt sie geel gestirnte und gefüllte blumen / die werden zu grawen harigen samen oder münchßköpffen / wie an der Creützwurtz / unn fliegen darvon. Die wurtzel ist lang / schmal / geel / mit seer vil zaseln. Hasenköl ist mit stengel / blumen / münchßköpffen unnd wurtzel dem vorigen gleich. Aber die bletter seind nit gantz / sonder tieff zerschnitten / unn in vil teyl gespallten / haben auch nit so scharpffe dörn als die Genßdistel.

Statt irer wachsung.

   Beyde geschlecht der Sonchen wachsen allenthalben in den feysten gärten / in sonderheyt aber findt man sie in den weingärten / do wachsen sie seer gern.

Zeit.

   Die Genßdistel und der Hasenköl blüen im Brachmonat und Hewmonat.

Die natur und complexion.

   Der Sonchen complexion unnd natur ist vermischt auß einer wässerigen unnd jrdischen substantz / welche doch beyde ein wenig kalt seind. Ziehen auch ein wenig zusamen. Wann sie aber nun dürr werden / so würt jhr substantz gantz jrdisch / und überkompt alßdann ein kleine werme.

Krafft und würckung.

   Beyde geschlecht der Sonchen dieweil sie külen und ein wenig zusamen ziehen / seind dem hitzigen magen unnd auch andern hitzigen geschwulsten / so sie grün zerstossen und übergelegt werden / seer nützlich. Der safft mit einer brüe jngenommen / miltert das nagen unnd beissen im magen / unnd mehret die milch. Ein woll darinn getunckt unn über den affter gelegt / oder in die mutter gethon / miltert die überige hitz derselbigen. Das kraut / deßgleichen auch die wurtzel übergelegt / ist gut denen so von den Scorpion gebissen seind. Die milch die auß den Sonchen fleüßt jngenommen / ist gut denen so schwärlich athmen. Treibt den lendenstein durch den harn / und vertreibt den stinckenden athemb / im mund gehalten. Der safft in weissem wein getruncken / und darauff umbgangen / macht das die frawen bald und leichtlich gebären. Der stengel von den Sonchen gesotten und getruncken / mehret den seügammen die milch / und macht das die kinder ein gute farb überkommen. Der safft in die ohren gethon / benimpt den weetagen derselbigen. Warm getruncken / ist er gut denen so tropffenweiß harnen.

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