Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Entzian. Cap. LXXIIII.

 

Abbildung Entzian
Entzian ( CXI )
Abbildung: Seite 218

Deutsch: Enzian, gelber
English: Gentian, great, yellow
English: Gentian, yellow
Francais: gentiane jaune
Latein: Gentiana lutea

Namen.

E
Ntzian / welche auch sonst würdt geheyssen Bitterwurtz / ist auff Griechisch und Lateinisch genent worden Gentiana / von dem Künig Gentio / der sie erfunden hat.

Gestalt.

   Die bletter des Entzian kommen erstlich bey der wurtzel herfür / und vergleichen sich den Nußbaum blettern / oder dem Wegerich / seind ein wenig rotlecht / doch die mitten am stengel / fürnemlich aber in der höhe desselbigen / steen / seind ein wenig zerkerfft. Der stengel ist rund / hol / glat / fingers dick / knöpffecht / zweyer elnbogen hoch. Die blumen seind geel / erstlich in hülßlin verschlossen / darnach aber so sie gar herauß schlieffen / thun sie sich auff. So die blumen abfallen / gewindt er kleine schäflin / darinn ist der breyt und glat samen / der geelen Veiel same seer änlich. Die wurtzel ist lang / dick / außwendig erdenfarb / inwendig geel / am geschmack bitter.

Statt seiner wachsung.

   Entzian wechst auff den hohen lüfftigen bergen / auch in den schattechten unn wässerigen tälern / und ist seer gemein in unserm Teütschen land.

Zeit.

   Entzian blüet am vesten im Brachmonat / aber im Hewmonat bringt er seine schäflin / und darinn den samen.

Die natur und complexion.

   Entzian wurtzel ist warm unn trucken / wie man sölchs auß dem geschmack / der do bitter ist / wol kan abnemen.

Die krafft und würckung.

   Gedörrte Entzian wurtzel zu pulver gestossen / und zwey quintlin darvon mit ein wenig Pfeffer und Rauten vermischt in wein getruncken / ist treffenlich gut denen so von den gifftigen thiern gebissen seind. Ein quintlin des außgetruckten safft auß der grüne wurtzel getruncken / vertreibt das seitenwee / bekompt wol denen so hoch heraber gefallen / oder inwendig gebrochen seind / dann er zerteylt unn füret auß das gerunne blut. Er ist auch gut mit wasser getruncken den lebersüchtigen / und denen so einen schwachen magen haben. Ein zäpflin auß der wurtzel gemacht / und in die muter gethon / treibt auß die todten geburt. Die wurtzel ist auch nützlich zu den wunden / fürnemlich zu denen so seer tieff seind / und umb sich fressen. Deßgleichen auch der safft / welcher so er in einem tüchlin über die augen geschlagen würdt / leschet er die hitz derselbigen. Der safft dienet auch zu allerley ungestalt und befleckung der haut / darmit bestrichen. In summa / Entzian wurtzel und der safft darvon / zerteylen / reynigen / seubern / unn nemen hinweg allerley verstopffung. Seind ein treffenliche artzney für allerley gifft / und bekommen seer wol dem schwachen magen. Der safft sol aber also gemacht werden : Man sol die grüne wurtzel stossen / und fünff tag in frischem wasser beytzen / darnach mit einander recht wol sieden / biß die wurtzel obsteet und fürauß geet. Nachdem so das erkaltet ist / sol mans durch ein sauber reyn tüchlin seihen / und von newem sieden / biß es dick würt als hönig / unn in einem gebachnen und glasierten steinigen geschirr behalten und verwaren.

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